Veranstaltungen

Unsere Gesellschaft hat beschlossen in Zukunft statt des Jour fixe seltenere und dafür größere Veranstaltungen zu planen. Ab 2016 ist statt der Jour fixe eine Jahreskonferenz unserer Gesellschaft geplant auf der mehrere Vorträge gemeinsam präsentiert werden und in Diskussion miteinander kommen können.

Jour fixe der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Kurdologie
Die Jour fixe finden einmal im Monat am Dienstag Abend um 19.00h im Hinterzimmer des kurdischen Lokals Nosh/Dionysos, Kochgasse 9, 1080 Wien statt.

Stadtplan Lokal Nosh/Dionysos, Kochgasse 9, 1080 Wien
Im Rahmen der Jour fixe finden im kleinen Kreis der Mitglieder und interessierten FreundInnen der Gesellschaft Vorträge und Diskussionen zu kurdologischen Themen statt. Die Veranstaltungen dienen dem interdisziplinären Austausch auf wissenschaftlicher Ebene. Dabei werden nicht nur fertige Forschungsergebnisse, sondern auch laufende Projekte präsentiert und diskutiert.


Wintersemester 2014/2015:
14. Oktober 2014: Ferdinand Hennerbichler: Rückgabe digitalisierter Geheimdienst-Folter-Akte des Saddam-Hussein-Regimes an Kurden im Irak
Mehr als 20 Jahre nach deren Sicherstellung im Golfkrieg 1990-1991 („Operation Desert Shield“) durch kurdische und amerikanische Sicherheitskräfte haben die USA Ende September 2014 5,5 Millionen Seiten und "18 metric tons of documents", die ursprünglich in 2.500 cardboard boxes untergebracht waren aus einem ehemaligen Geheimdienst-Folter-Zentrum des Saddam-Hussein-Regimes in der Distrikt-Metropole Sulaimaniyah im Südosten der heutigen Kurdistan Region Irak in Form digitalisierter Kopien an die irakischen Kurden zurückgegeben. Seit ihrer Digitalisierung in den USA stehen diese der internationalen Forschung vor allem im Archiv („Norlin Library“) der Universität von Colorado in Boulder (UCB) offen und uneingeschränkt zur Verfügung. Modalitäten der Repatriierung dieser digitalisierten Datensätze der UCB waren vom Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Kurdologie in Wien, Ferdinand Hennerbichler, zusammen mit dem „Faculty Director of Archives & Special Collections“ der Universität von Colorado in Boulder, Prof. Bruce P. Montgomery, vereinbart sowie von zuständigen Behörden und Institutionen der Vereinigten Staaten abschließend gebilligt worden. Die Verhandlungen dauerten fast zwei Jahre. Am Vormittag des 30. September 2014 wurden die „Iraqi Secret Police Files“ in einer formellen Zeremonie an der UCB einem zentralen, allgemein zugänglichen Archiv der Kurdistan Region Irak, dem „Zheen Archive Center“ in Sulaimaniyah, in dessen Verantwortung übergeben. Ako M. Wahbi, internationales „Board Member“ des „Zheen Archive Center“, übernahm die Files in Vertretung und Auftrag und brachte sie nach Sulaimaniyah. Sie sollen dazu verwendet werden, Aussöhnung und Demokratisierung in der Kurdistan Region sowie im Irak fördern zu helfen.
Ferdinand Hennerbichler ist Lektor an der Universität Suleymania und Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Kurdologie

Dienstag, 11. November 2014: Leonardo Schiocchet: Existing is Resisting: Cause and Resistance Among Palestinian Refugees in Lebanon as Effort Toward a Palestinian-Kurdish Dialogue
Albeit unique, Palestinian and Kurdish social belonging processes may have more in common than the academic literature, or the lack thereof, suggests. Similar postcolonial situations and often overlapping geographical contexts license the scholar to derive both structural similarities and cultural proclivities from one case to the other. Lessons about one case may bring valuable insight about the other even where incommensurability is found. Yet, comparative scholarship remains to this day almost hermetically shielded. Based especially on my fieldwork in two Palestinian refugee camps in Lebanon (2005-2011), my proposal is to discuss al-Qadya al-Fylastinya (The Palestinian Cause) and the ways in which it affects conceptions of Palestinianness and drive social belonging processes. As in the Kurdish case, Palestinian national belonging is marked by nationhood principles dependent on statecraft projects, as my presentation will demonstrate. By pointing out to differences and similarities between the Kurdish and the Palestinian case, the presentation aims at investigating the possibility of a comparative framework to understand the Palestinian and Kurdish social belonging processes. On the Palestinian refugees’ side, daily life is permeated by the works of al-ṡumud (steadfastness; resistance) and the ways it tends to relate to the sacralization of Palestinianess, the ritualization of the quotidian, and ultimately to martyrdom. This notion is firmly tied to variations of a time conception based on events leading to the exile and the utopia leading to the return, thus informing Palestinian refugee social belonging processes. Al-ṡumud symbolically indexes Palestinianness in the present, and is in large measure inscribed into an Islamic praxis. Thus, this paper presents a broad tendency among refugees in how they define, express and experience Palestinianness. In this belonging process, “The Palestinian Cause” tends to be collectively upheld as a mission, and to be greatly infused with religious undertones. Furthermore, through al-ṡumud, Palestinian nationhood, the cause, and ideal models for social belonging are infused with moral imperatives for social and individual action.
Leonardo Schiocchet ist Sozial- und Kulturanthropologe und derzeit Gastwissenschaftler an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Dienstag, 9. Dezember 2014: Mücahit Yildiz: Queer Kurds: Die kurdische LGBTIQ-Bewegung
Innerhalb des nunmehr seit Jahrzehnten schwelenden Konflikts zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Freiheitsbewegung entwickelte sich dort eine aufstrebende Protestbewegung, die sich u.a. für die Rechte und die Wahrnehmung von Lebensweisen von LGBT-Menschen einsetzt. Diese kurdische LGBT-Aktivist*innen finden sich in einer vielleicht ganz besonderen Situation wieder: Sie sind eine Minderheit innerhalb der Minderheit und führen einen doppelten Kampf gegen sexuelle und ethnische Diskriminierung in zwei Gesellschaften gleichzeitig. Trotz der widrigen und teils kriegsähnlichen Umstände in denen diese Gruppierungen arbeiten, zeigen sich auf den ersten Blick erstaunliche Entwicklungen: Innerhalb der patriarchal strukturierten kurdischen Gesellschaft entwickelte sich eine besonders starke und einflussreiche kurdische Frauenbewegung, die nicht nur für die Überwindung der hier immer noch besonders starken Unterdrückung der Frauen ihre Stimme erhebt, sondern auch die allgemeine kurdische Selbstbestimmung in den Mittelpunkt ihrer Protestbewegung stellt. Kämpfe um Freiheit und Anerkennung der eigenen selbstbestimmten sexuellen Lebensweise gehen hier einher mit Fragen der Identität. (Wie) Können Menschen “kurdisch” sein und gleichzeitig “queer”, “inter-” , “transsexuell”, “lebisch” oder “schwul”? Sind LGBT-Identitäten überhaupt mit ethnischen Identitäten vereinbar, entzünden sie Konflikte oder eröffnen sie nicht gerade Möglichkeiten für die Etablierung neuer Identitätskonzepte, die sich nicht an strengen, patriarchalen Mustern orientieren und auch vielen Klischees und Vorurteilen über kurdisch-türkische Gesellschaft zuvorkommen?
Der Student und Queer-Aktivist Mücahit Yildiz wird der anhand vieler eigener Erfahrungen und Gesprächen die besondere Situation der LGBT-Protestbewegung in Kurdistan illustrieren wird und für Fragen und Diskussion bereitsteht. Mücahit Yildiz absolviert derzeit in Wien ein Auslandsstudium, ist in der Türkei und in Kurdistan in LGBTIQ-Bewegungen aktiv und pflegt sehr guten Kontakt zu den ansässigen kurdischen LGBTIQ-Gruppen.

Dienstag, 13. Jänner 2014: Katharina Hochfellner: Transnationales politisches Engagement von irakischen Kurd*innen in Wien
Thema dieses Jour Fixe ist die im Frühjahr 2014 verfasste Bachelorarbeit mit dem Titel „Transnationales politisches Engagement von irakischen Kurd*innen in Wien“. Seit der Verfassung der Arbeit hat sich das politische Feld für irakische Kurd*innen wesentlich verändert. Die Grundzüge der Transnationalisierungstheorie, einer Theorie aus der Soziologie, welche neue transnationale Praktiken zu fassen und zu verstehen versucht, werden vorgestellt und in Verbindung gebracht mit dem politischen Engagement von irakischen Kurd*innen in Wien, vor Juni 2014. Eine zentrale Frage lautet „Sind irakische Kurd*innen in Wien transnational politisch aktiv?“. Katharina Hochfellner, Studentin der Internationalen Entwicklung und der Rechtswissenschaften, beschäftigte sich in ihrer Arbeit mit transnationalen politischen Praktiken und den dahinterliegenden Motiven von irakischen Kurd*innen in Wien. Eine anschließende Diskussion über Kontinuitäten und Brüche des politischen Engagements für Kurdistan soll Perspektiven für eine neue Forschungsarbeit eröffnen.
Katharina Hochfellner studiert Internationale Entwicklung und Rechtswissenschaften an der Universität Wien und Politikwissenschaften an der Sciences Po Lyon und beschäftigt sich mit v.a. mit Migrations- und Transnationalismusforschung.



Sommersemester 2014:
18. März 2014: Mehmet Emir & Maria Six-Hohenbalken: Der Nachlass Werner Finke - eine Multimediadokumentation kurdischer Kultur
Werner Finke (1942 – 2002) war ein österreichischer Ethnologe, der über drei Jahrzehnte in der Türkei geforscht hat. Er war ein Praktiker (Fotographie, Ton, Film, ethnographische Sammlungstätigkeit), ein Vertreter der angewandten Ethnologie und vor allem interessiert an materieller und visueller Kultur. Seine Stärke und sein besonderer Beitrag zur Erforschung der kurdischen Gesellschaft war, dass er es seit 1967 fast jährlich schaffte, in den Südosten der Türkei zu reisen, selbst in politisch brisanten Zeiten, um die Dokumentation materieller Kultur sammelte sowie audiovisuelle Dokumentationen zu erweitern. Seine visuell-anthropologische Sammlung ist überaus bemerkenswert, die etwa 30 000 Fotos, über 75 Super8- Filme und neun 16mm- Filme und Tondokumentationen sind eine sehr rare und überaus wertvolle Dokumentation des ländlichen Lebens, in den von Kurden bewohnten Regionen im Südosten der Türkei. Die Sammlung materieller Kultur befindet sich im Weltmuseum Wien, die Sammlung der Multimediamaterialien am Institut für Sozialanthropologie der ÖAW. Die politische Situation von den 1970er bis in die 1990er Jahre war geprägt durch enorme soziale und ökonomische Transformationsprozesse und Emigrationbewegungen. Der besondere Wert von Werner Finkes’ Dokumentation bezieht sich somit auf die Darstellung der letzten Jahre von traditioneller Wirtschaftsweise und den sozialen und wirtschaftlichen Transformationen bis ins Jahr 2000.
Maria Six-Hohenbalken ist Sozial- und Kulturanthropologin an der Akademie der Wissenschaften. Mehmet Emir ist Fotograf in Wien.

Dienstag, 15. April 2014: Amr Taher Ahmed: Modern Kurdish Poetry, A Break Away From Persian Heritage
For centuries, Kurdish poetry developed in the wake of the Persian tradition. But with the rise of literary modernity in the early 20th century, Kurdish poets freed themselves from this hegemonic heritage. Although familiar with Persian poetry, both classical and modern, Kurdish modernists in search of a more suitable model turned to Turkish poetry instead. Abdullah Goran’s poetry is, in many respects, exemplary of Kurdish modernism. Our paper will focus on his contribution, while seeking to account for the motivations for giving up the Persian reference in favor of the Turkish model. Indeed, modernism provided fresh grounds for Kurdish poets to assess their national identity, as was the case with their Turkish counterparts. It was not only, therefore, a matter of freeing poetry from the conventions of traditional composition. In the Turkish and Kurdish contexts, poetic modernism also induced parting with a linguistic and prosodic equipment of massively foreign – mostly Arabic or Persian – origin. As for modern Persian poetry, although no less politicized, it never set up nationalism as a criterion for selecting poetic patterns. The reformation of the latter issued mainly from technical considerations instead.
Amr Taher Ahmed studied Kurdish literature at the University of Duhok (Iraqi Kurdistan) and is a researcher at the Institute of Iranian Studies at the Austrian Academy of Science. He specializes in Modern Persian and Kurdish poetry, in Metrics and in Comparative Literature.

Dienstag, 13. Mai 2014: Mara Alaimo: Kurdinnen und Kurden in Südtirol
In der autonomen Provinz Bozen/Südtirol lebt die größte kurdische Gemeinschaft Italiens. Gleichzeitig hat die Autonomie des Landes - in dem die deutsche/ladinische Minderheit mit der italienischen Bevölkerung friedlich zusammen lebt - für einige KurdInnen eine zentrale Bedeutung. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Auseinandersetzungen über die kurdische Diaspora in Südtirol. Mara Alaimo beschäftigt sich mich mit der kurdischen Diaspora in Südtirol sowie mit den Motiven für den Verbleib im Land und stellt uns die Ergebnisse von Interviews mit verschiedenen KurdInnen aus Südtirol vor.
Mara Alaimo ist Politik- und Bildungswissenschaftlerin und in verschiedenen antirassistischen und migrationsspezifischen Zusammenhängen in Südtirol aktiv. Die Annäherung an die kurdische Thematik erfolgte im Rahmen mehrerer persönlicher Erfahrungen mit kurdischen MigrantInnen, welche ihr Interesse und ihre Neugierde geweckt haben, sich mit diesem Thema vermehrt auseinander zu setzen.

Dienstag, 10. Juni 2014: Salah Ammo: The Changes in Kurdish Music in Northern Syria from the Beginning of the Twentieth Century to the Eighties
The presentation will cover the historical background of the Kurdish community in Syria, their traditional musical forms, and the changes in these forms throughout the twentieth century, including the reasons for these changes and the most important figures in causing these changes. The lecture will also cover well known musicians like Aram Dekran, Saeed Youssef, the brothers Mahmoud and Mohammad Ali Shaker and Mohammad Sheikho.
Salah Ammo was born into a Syrian Kurdish family in 1978 in Darbasiyah and is a well known musician in Syria and the Middle East as well as an ethnomusicologist. Due to the civil war in Syria he lives as a refugee in Austria since early 2013.



Sonder-Veranstaltung außerhalb der Jour fixe-Reihe: İsmail Beşikçi: 14. Februar 2014, 18.00, Bildungszentrum der AK Wien, Theresianumgasse 16-18, 1040 Wien: Die Anti-Kurdische Ordnung 1920-2014
İsmail Beşikçi, der bekannteste Kurdologe aus der Türkei, tritt am Freitag bei einer öffentlichen Veranstaltung der Gesellschaft für Kurdische Studien, der Arbeiterkammer und des Instituts für Kurdologie auf. Beşikçi, der an der Universität von Ankara Politikwissenschaft studiert hatte und für seine Forschungen insgesamt 17 Jahre in Haft verbringen musste, wurde zuletzt noch 2011 zu 15 Monaten Haft verurteilt. Er spannt in seinem Vortrag einen großen Bogen über die gegen die Kurden gerichtete Ordnung des 20. und frühen 21. Jahrhunderts.



Wintersemester 2013/2014:
15. Oktober 2013: Thomas Schmidinger: Die Haqqa-Bewegung: Eine Heterodoxie zwischen Religion und Politik
Der Nakşibendi Šêx Abdulkarim etablierte Anfang des 20. Jahrhunderts in Shadala in der Surdash Region nördlich von Suleymania eine religiöse Bewegung, die unter dem Namen Haqqa (oder Heqqe) bekannt wurde. Als überwiegend von landlosen Bauern getragene Bewegung erlangte diese auch politische Bedeutung als sozialrevolutionäre Bewegung, die von den Briten mit zunehmender Skepsis beobachtet wurde. Sowohl konservative Muslimische Geistliche, als auch die Protektoratsmacht verbreiteten in der Folge Falschinformationen über die Sekte, die leider auch von einigen namhaften Kurdologen weiterverbreitet wurden. Der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger fasst den spärlichen Forschungsstand über diese Sekte und die spätere Entwicklung ihrer beiden rivalisierenden Strömungen (Hame Sûri und der Haqqa-mainstream unter Mame Riza) zusammen, korrigiert Mythen über die Sekte und kontextualisiert die Bewegung in der Geschichte heterodoxer Bewegungen in Kurdistan.

5. November 2013: Ferdinand Hennerbichler: Forschungen über die Herkunft der Kurden
Älteste nachweisbare Vorfahren von Kurden sind Pre-IE Ureinwohner aus der Jungsteinzeit (seit etwa 10.000 v. Chr.) von Berggebieten des Nördlichen Fruchtbaren Halbmonds, mit angestammten Lebensräumen zwischen Taurus und Zagros mit Ausläufern bis in den Nordwest-Iran von heute, aber großteils nordwestlich und außerhalb des (heutigen) Irans, die erst Jahrtausende später seit etwa dem 23. Jh. v. Chr. in mehreren Wellen von militärisch organisierten Einwanderern aus Asien, die sowohl isolierte als auch indoeuropäische Sprachen gesprochen haben, linguistisch dominiert wurden. Kurden sind aber keine Iranier und Indoeuropäer, weil sie (heute) eine iranische, indoeuropäische Sprache sprechen, und sind ursprünglich auch nicht aus Asien in ihre heutigen Lebensräume eingewandert.

3. Dezember 2013: Lukas Pitscheider: Die Kirkuk-Frage: Ein neuer casus belli?
Der Politikwissenschaftler und Journalist Lukas Pitscheider berichtet über die historische Entwicklung und aktuelle Situation der Kirkuk-Frage im Irak und stellt dabei die Frage ob sich zwischen der irakischen Zentralregierung und der Regierung der Autonomieregion Kurdistan ein neuer militärischer Konflikt um Kirkuk entwickeln könnte.

21. Jänner 2014: Heiner Eichner: Die Tradition der Kurdologie in Wien
Der Indogermanist Heiner Eichner, hat in seiner Zeit als Professor am Institut für Sprachwissenschaft an der Universität Wien stets die wissenschaftliche Beschäftigung mit kurdischer Sprache und Literatur gefördert. Auch seit seiner Emeritierung beschäftigt er sich weiterhin mit Kurdologie. Als Zeitzeuge der jüngeren Beschäftigung mit kurdischer Sprache und Literatur in Wien, wird er uns über die Wiener Tradition der Kurdologie berichten.

Sommersemester 2013:
19. März 2013: Doku-Filmabend mit Dokumentarfilmen von Ferdinand Hennerbichler und Thomas Schmidinger
Zwei Vorstandsmitglieder unserer Gesellschaft haben in den letzten Monaten Dokumentarfilme über Kurdistan gedreht, die wir hintereinander zeigen möchten. Anschließend stehen beide für eine Diskussion zur Verfügung:

Kurdistan Irak. Experiment Demokratie Ein Film von Ferdinand Hennerbichler. 60 Minuten. AT, 2012. Musik: Áron Sebestyen, Budapest; Produktion, Kamera, Ton, Schnitt: Ferdinand Hennerbichler

Rückkehr nach Amûdê Ein Film von Thomas Schmidinger. 30 Minuten. AT, 2013. Schnitt: Akhmed Akhmadov; Produktion, Kamera, Ton: Thomas Schmidinger

Beim Film Kurdistan Irak. Experiment Demokratie handelt es sich um einen professionell gemachten Fernsehfilm über die Entwicklung des politischen Systems Irakisch-Kurdistan, den der erfahrene Fernsehjournalist und Präsident unserer Gesellschaft Ferdinand Hennerbichler bei seiner letzten Reise in das Autonomiegebiet Kurdistan im Irak gedreht hatte. Rückkehr nach Amûdê ist ein Amateurfilm den unser Generalsekretär Thomas Schmidinger bei seinem jüngsten Besuch von Syrisch-Kurdistan gedreht hat. Er begleitet dabei den syrischen Kurden Jamal Omari, der seit zwölf Jahren in Österreich im Exil lebt, nach der Befreiung seiner Stadt Amûdê zu seinem ersten Besuch nach Hause.

9. April 2013: Elfie Fleck / Saydo Barnas: Kurdisch im muttersprachlichen Unterricht an österreichischen Schulen
Elfie Fleck, die seit vielen Jahren im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur den muttersprachlichen Unterricht betreut und Saydo Barnas als muttersprachlicher Lehrer werden uns an diesem Abend über die Geschichte der praktische Implementierung Kurdischer Varietäten im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts an österreichischen Schulen berichten. In Österreich werden derzeit in Wien Kurmancî und Zazaki im Rahmen des Muttersprachlichen Unterrichts angeboten. Unser Jour fixe mit Elfie Fleck bietet auch die Möglichkeit über die praktische Umsetzung und die Probleme des muttersprachlichen Unterrichts kurdischer Varietäten zu diskutieren und diesbezügliche Ideen einzubringen.

7. Mai 2013: Anna Lena Schlatter: Yezidische Identitätsdiskurse in Österreich anhand der Entstehungsprozesse des yezidischen Vereins Mala Êzîdîya
YezidInnen erfahren auf zweifache Art Diskriminierung: Einerseits, weil sie als KurdInnen einer „ethnischen Minderheit“ angehören und andererseits, weil sie innerhalb der mehrheitlich sunnitisch-geprägten muslimischen KurdInnen eine „religiöse Minderheit“ darstellen. Anfang der 1990er-Jahre kamen die ersten YezidInnen als AsylwerberInnen nach Österreich. Gegenwärtig dürften ca. 450-500 Personen in Österreich ansässig sein. Hier treffen YezidInnen unterschiedlichster nationaler Herkunft aufeinander und versuchen seit einigen Jahren gemeinsam einen Verein zu gründen. Die vorliegende Arbeit gibt Einblicke in ein sich stetig ausweitendes yezidisches Netzwerk und zeigt, wie vielfältig die Interessen seiner AkteurInnen sind. Anhand des konkreten Beispiels der Vereinsgründung treten sehr allgemeine, den Verein weit überschreitende yezidische Identitätsdiskurse ans Tageslicht, die sowohl in Österreich, als auch anderswo geführt werden.

11. Juni 2013: Agnes Grond: Zur sprachlichen Situation kurdischer Immigranten in Österreich
Ein in der Osttürkei aufwachsendes Kind erfährt seine Familiensprache (kurdisch) als Dialekt gegenüber der auf der Straße und von Spielkameraden praktizierten lokaltürkischen Variante, von dem sich das auf Schrift ausgerichtete Hochtürkische der Institutionen und die Sprache der Religion abheben. Die sprachliche Sozialisation spielt sich also in einem Raum ab, dessen Pole die nicht geschriebene Familiensprache und die schriftsprachlich ausgebaute Staatssprache bilden. Die unterrichtliche Situation in der Einwanderungsgesellschaft hingegen baut auf protoliteraten Wissensstrukturen auf, die üblicherweise in einer monolingualen sprachlichen Umgebung bereits vor Schuleintritt erworben wurden, also nicht Gegenstand des Unterrichts sind, sondern dessen Voraussetzungen. Auch die Förderung der Erstsprachen geht grundsätzlich davon aus, dass die gleichen Komeptenzen wie in Zweit- und Fremdsprache zu erreichen sind, und keine Trennung in einen oraten und literaten Kompetenzbereich stattfindet. Diese sprachkonzeptionellen Diskrepanzen von Herkunfts- und Einwanderungsgesellschaft können zu nahezu unüberwindbaren Lernhindernissen werden. Die Linguistin Agnes Grond untersucht in ihrer Dissertation die literaten Ressourcen von KurdInnen aus der Türkei, wobei auch die (nicht) geschriebenen Erstsprache(n) in die Analyse einbezogen werden.

Wintersemester 2012/2013:
23. Oktober 2012: Thomas Schmidinger: Zur aktuellen Lage in Syrisch-Kurdistan
Was mit einer Protestbewegung gegen das arabisch-nationalistische Baath-Regime in Syrien begann, hat sich im Laufe des Frühlings 2012 zu einem offenen Bürgerkrieg entwickelt. Während sich die Nachrichten aus den arabischen Zentren überstürzen, berichten europäische Medien nur wenig über die Entwicklung in den kurdischen Gebieten im Norden Syriens. Der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger, der als Lektor an der Universität Wien lehrt, berichtet über Hintergründe und jüngste Entwicklungen in der Region und lädt damit zur Diskussion über die Zukunft der KurdInnen in Syrien ein.

13. November 2012: Mevlüt Kücükyaşar: Männlichkeiten und Männlichkeitsvorstellungen am Beispiel von Jungen mit kurdischem Migrationshintergrund in Österreich
Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt Widersprüche und Dynamiken innerhalb des sozialen Geschlechts zu analysieren und sichtbar zu machen und auf der anderen Seite zu erforschen, wie Männlichkeit bei Jungen mit kurdischem Migrationshintergrund gelebt wird, welche Typen von Männlichkeiten sich herausbilden und wie groß der Einfluss der Herkunfts- und Mehrheitsgesellschaft ist. Mevlüt Kücükyaşar hat Politikwissenschaften und Soziologie an der Universität Wien studiert und ist seit Jahren im Migrations- und Integrationsbereich tätig.

4. Dezember 2012: Katherine Ranharter: Krieg und Frieden: Die Notwendigkeit der Mitarbeit von Frauen in Konflikttransformation am Beispiel der kurdischen Frauen im nördlichen Irak
Katherine Ranharter, die derzeit ihre Dissertation zu diesem Thema am Center for Kurdish Studies an der University of Exeter schreibt, wird über Genderverhältnisse in Kurdistan und die Beteiligung der Frauen am Wiederaufbau und in der Konflikttransformation in der Region und ihr Einfluss darauf sprechen. Katherine Ranharter hat dazu Interviews mit VertreterInnen von NGOs und politischen Akteuren geführt und will daraus Empfehlungen für weitere Aktionen erarbeiten.

8. Jänner 2013: Pelin Özmen: AlevitInnen und die Kurdische Frage in Österreich
Pelin Özmen hat die unterschiedlichen Positionen rivalisierender alevitischer Vereine und Dachverbände in Österreich zur Kurdischen Frage untersucht. Als Religionsgemeinschaft, die sowohl türkische als auch zazaki- und kurmancisprachige Gläubige kennt, die aber auch selbst als religiöse Minderheit auf eine lange Diskriminierungs- und Verfolgungsgeschichte in der Türkei zurückblickt, stehen die AlevitInnen in vielfacher Hinsicht an einem Schnittpunkt ethnischer und religiöser Identitätskonstruktionen.

Sommersemester 2012:
6. März 2012: Soma Ahmad: NGOs in Irakisch-Kurdistan: Wie können NGOs Demokratisierungsprozesse beeinflussen?
Die Präsentation analysiert die NGO-Szene in Irakisch-Kurdistan und beleuchtet sowohl die wichtigsten Akteure als auch deren ambivalente Rolle im Wiederaufbau der Region.
Soma Ahmad hat Politikwissenschaft und Orientalistik studiert, arbeitet jetzt im Bereich Frauenförderung an der Akademie der bildenden Künste.

17. April 2012: Ferdinand Hennerbichler: Die Herkunft der Kurden
Ferdinand Hennerbichler präsentiert seine auf Archäologie, Sprachwissenschaft und neueren genetischen Forschungen basierenden Thesen zur Herkunft der Kurden, die er 2010 bei Peter Lang als interdisziplinäre Studie unter dem Titel „Die Herkunft der Kurden“ publiziert hat.
Er studierte Geschichte und Sprachwissenschaften, beschäftigt sich seit den 1970er-Jahren mit Geschichte und Kultur der Kurden und war in den 1980er-Jahren Nahost-Assistent des damaligen Bundeskanzlers Bruno Kreisky.

8. Mai 2012: Maria Six-Hohenbalken: 'Hidden histories': Österreichische Beiträge zur Kurdologie im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Maria Six-Hohenbalken gibt Einblicke in die Anfänge der Kurdologie in Österreich. Sie arbeitet als Wissenschafterin am Institut für Sozialanthropologie der ÖAW und als Lektorin an der Uni Wien.

19. Juni 2012: Saya Ahmad: Grenzüberschreitende MigrantInnenorganisationen: transnationale politische Aktivitäten von MigrantInnenvereinen am Beispiel des Kurdischen Zentrums
Pelin Özmen hat die unterschiedlichen Positionen rivalisierender alevitischer Vereine und Dachverbände in Österreich zur Kurdischen Frage untersucht. Als Religionsgemeinschaft, die sowohl türkische als auch zazaki- und kurmancisprachige Gläubige kennt, die aber auch selbst als religiöse Minderheit auf eine lange Diskriminierungs- und Verfolgungsgeschichte in der Türkei zurückblickt, stehen die AlevitInnen in vielfacher Hinsicht an einem Schnittpunkt ethnischer und religiöser Identitätskonstruktionen.

Wintersemester 2011/12:
24. Jänner 2012: Hajan Majid: Vergleich kurdischer Nation-building-Prozesse
Hajan Majid wird ihre Diplomarbeit zum Vergleich kurdischer Nation-building-Prozesse am Beispiel der Ararat Republik, der Mahabad Republik und der Kurdischen Regionalregierung in Irakisch Kurdistan präsentieren. Sie ist Studentin der Politikwissenschaft und lebt in Arbil/Hawler.